👩‍⚕️ Ärzteversorgung in Friesland: Rettungs- und Notfalldienst durch niederösterreichisches Modell entlasten?

22.02.2024 · von Sina Beckmann
In einem ersten Besuch bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KVN) in Wilhelmshaven trafen die Landtagsabgeordnete der Grünen, Sina Beckmann, die Grünen-Gesundheitsexpertin Sigrid Busch und die Fraktionsvorsitzende der Kreistags-Grünen Martina Esser auf die Geschäftsführerin der KVN, Dr. Sainab Egloffstein, sowie Herrn Matthias Abelmann, Facharzt für Allgemeinmedizin und Mitglied des Zulassungsausschusses, um über die Ärzteversorgung in Friesland zu sprechen.
Sina Beckmann bei der KVN Friesland/Wilhelmshaven

Gemäß den Regelungen der Bedarfsplanung ist die Region gut mit Ärzt*innen versorgt. Trotzdem zeige die Realität aber ein anderes Bild, so die Politikerinnen. Der Ärztemangel in Friesland wird durch die schwindende Anzahl von Praxen und die steigenden Schwierigkeiten zum Beispiel bei der Gewinnung von Arzthelfer:innen deutlich. Und Sigrid Busch betonte: “Die Wege zu den Arztpraxen werden immer länger und die Bedarfsdeckung hängt auch mit ungleichen Verhältniszahlen zusammen - da fühlt sich die Versorgung von Region zu Region schon unterschiedlich an.”

Ein zentrales Problem ist, dass sich das durch die Krankenkassen gedeckelte Budget der Ärzte*innen, erschwerend auf die Schaffung von weitern Behandlungskapazitäten auswirkt und dies die Versorgungslage auf dem Land weiter ausdünnt. Die Selbstausbeutung durch das aktuelle Abrechnungssystem stellt vor allem Kinder- und Hausärzt*innen vor Herausforderungen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung war die kürzlich eingeführte Entbudgetierung der Kinderärzt*innen.

Die Politikerinnen appellieren an Bund und Land ihren Gestaltungsspielraum zu nutzen und angesichts der Pensionierungswelle schleunigst Regularien und BĂĽrokratie abzubauen, um die Attraktivität des Arztberufs zu steigern. Sina Beckmann unterstrich: “Ich sehe die Notwendigkeit einer Bundes- und Landes-Kampagne, um die Menschen daran zu erinnern, nicht immer sofort die Notrufnummer zu wählen oder die Notaufnahme aufzusuchen. Das wĂĽrde den stark geforderten Rettungsdienst- und Notfalldienst signifikant entlasten. Ein System wie Niederösterreich es nutzt, mit entsprechenden Dringlichkeitseinschätzungen nach vorheriger telefonischer Anamnese scheint mir auch fĂĽr das deutsche Gesundheitssystem sinnvoll.” 

Sina Sommer 2023
Sina Beckmann

Ich sehe die Notwendigkeit einer Bundes- und Landes-Kampagne, um die Menschen daran zu erinnern, nicht immer sofort die Notrufnummer zu wählen oder die Notaufnahme aufzusuchen. Das würde den stark geforderten Rettungsdienst- und Notfalldienst signifikant entlasten. Ein System wie Niederösterreich es nutzt, mit entsprechenden Dringlichkeitseinschätzungen nach vorheriger telefonischer Anamnese scheint mir auch für das deutsche Gesundheitssystem sinnvoll.

Es gibt immer wieder Aktionen, um die Menschen zum bewussten Umgang mit dem Notruf aufzurufen. So wurde die Kampagne 'Die richtige Nummer im richtigen Moment', von der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen und weiteren Partnern ins Leben gerufen. Sie hat das klare Ziel, die Bevölkerung für den richtigen Gebrauch der Notfallnummern 112 und 116117 zu sensibilisieren. „Es ist bedauerlich zu sehen, dass diese Nummern häufig unnötig angerufen werden, obwohl keine lebensbedrohliche Situation vorliegt“, so Sigrid Busch.

Doch auch im kommunalen Umfeld gibt es Möglichkeiten zu Veränderungen. So plädierte Martina Esser: “Wir brauchen dringend eine bessere Kommunikation zwischen Krankenhaus, Krankenkasse und ambulanter (Notfall)versorgung und auch eine Bündelung der 29 Leitstellen in Niedersachsen - denn die arbeiten alle unabhängig voneinander und im Zweifel eben nicht koordiniert miteinander.”

Abschließend sind sich alle einig: Es bedarf dringender Maßnahmen, darunter mehr Studienplätze, um den Ärztemangel in Friesland und in ganz Niedersachsen zu beheben. Das bedeutet konkret den Ausbau der European Medical School (EMS) in Oldenburg, aber auch mehr Studienplätze an der MHH in Hannover oder der Universitätsmedizin in Göttingen. Der enge Kontakt und Austausch zwischen Politik und Gesundheitsvertretern sollen in Zukunft aufrechterhalten werden, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln.

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