Auch Bürgermeister Gerd-Christian Wagner stimmt zu, denn ihm sei das Miteinander reden sehr wichtig. „Wir leben in einer Zeit des schnellen Medien-Konsums, wo vieles nur noch in Eile geschieht. Auch die Qualität des Journalismus leidet sehr darunter, wenn es bei Nachrichten und Neuigkeiten nur noch um sogenannte „Click-Baits“ und reißerische Titel geht.“ Er sieht die Gefahr, dass vor allem Kommunalpolitik über die klassischen Medien nicht mehr die Menschen erreicht. „Zeitungs-Abonnements gehen zurück, Verlags-Häuser werden zusammen gelegt, Personal reduziert, was für Qualitäts-Journalismus dringend nötig wäre. Das ist eine gefährliche Situation“, so Wagner. Deshalb überlegt die Stadt Varel nun, wie sie ihre Bürgerinnen und Bürger besser erreichen und über Neuigkeiten informieren kann. Wagner ist klar: „Es ist schon irgendwie eine Zeitenwende in der kommunalen Kommunikation, denn wir wollen/müssen die Menschen direkt erreichen. Kommunen müssen sich selber kümmern. Zu denken wäre da an ein eigenes Medium, z. B. eine Varel-App für Jung und Alt, die sich jede Bürgerin und jeder Bürger im App-Store runter laden kann. Modern, informativ, nützlich. Derzeit gehen viele Kommunen diesen Weg.“ Sina Beckmann, als Politikerin selbst auf allen gängigen Social-Media-Apps vertreten, um die Menschen über politische Entwicklungen zu informieren, kann sich vorstellen, dass so ein App auch Friesland-weit funktionieren könnte. „Viele Menschen interessieren sich nicht nur für die Geschehnisse in ihrer eigenen Gemeinde oder in der Stadt, wollen das große Bild von Friesland. Da wäre eine Zusammenarbeit der acht Friesischen Städte und Gemeinden sicherlich ein tolles Signal.“
Viele Menschen interessieren sich nicht nur für die Geschehnisse in ihrer eigenen Gemeinde oder in der Stadt, wollen das große Bild von Friesland. Da wäre eine Zusammenarbeit der acht Friesischen Städte und Gemeinden sicherlich ein tolles Signal.
Diese App, diese Erneuerung der Kommunikation steht auch im Zeichen eines historischen Jubiläums. „2024 wird Varel 900 Jahre alt. Wir werden sehen, welche Geschichte Varel hat, wo wir herkommen und den Fokus auf die Zukunft legen - wo wir hinwollen“, ist Wagners Freude groß. Die Zukunft, das sind viele Projekte, die Varel anpacken will. Vor allem mit den BürgerInnen. Deshalb steht der Bürgermeister dem Projekt LOSLAND sehr wohlwollend gegenüber. „Ich bin ein großer Fan dieser Form der Bürgerbeteiligung, weil es den Menschen die Möglichkeiten bietet, ihre Stadt selbst mitzugestalten. Varel ist eine von 10 Modell-Städten in Deutschland, in denen das Projekt Losland läuft. Der Rat kann die Ergebnisse wertschätzend in seine Arbeit aufnehmen“, ist Wagner stolz. Auch Sina Beckmann schätzt es sehr, dass BürgerInnen die Geschicke in den Städten und Gemeinden mit bestimmen können. „Das Projekt LOSLAND bietet dabei noch eine Besonderheit. Es sind willkürlich ausgeloste Menschen, die hier zusammen kommen. Denn LOSLAND entwickelt mit den Kommunen die passenden Beteiligungsprozesse. Das Ganze ist inspiriert von Bürgerräten, dem dazu gehörigen Losverfahren und anderen Formen der Bürgerbeteiligung.“
Bürgermeister Wagner und Landtagsabgeordnete Beckmann sprachen über weitere Projekte in der Stadt. So spielt der Verkehr, vor allem nach Dangast, immer wieder eine große Rolle und führt dort an sonnigen Tagen zum Kollaps der Zubringerstraße. Hier muss weiter an Lösungen gearbeitet werden, insbesondere mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), finden die beiden PolitikerInnen.
Immer wieder Stadtgespräch ist auch das Tivoli. Ein Veranstaltungsort, der noch von mehreren Vereinen genutzt wird. „Varel muss für größere Veranstaltungen eine räumliche Lösung bieten“, sagt Wagner. „Reichen unsere größeren Räume (Weberei, Forum Alte Kirche, Aula Oberschule oder Gymnasium etc.) dazu, wollen wir sanieren oder ist ein Multifunktionsbau für viele Vereine wirtschaftlicher? Wie eine Lösung aussehen könnte wird jetzt diskutiert. Die Ergebnisse dieses Prozesses sollte dann der Rat als Grundlage seiner Entscheidung nutzen. Gute Information und Bürgerbeteiligung ist hier angezeigt“.
Als vorläufig letzten Punkt in ihrem Austausch sprachen Wagner und Beckmann noch über die Entwicklung am Bahnhof. Dort soll nun in der alten Güterhalle ein moderner Fahrradstellplatz entstehen. „Das ist ein tolles Signal für alle PendlerInnen und dem ÖPNV, denn mit guten Fahrradangeboten wird das Pendeln mit Bus- und Bahn noch attraktiver. Mehr Fahrrad fahren ist einfach gesund für die Menschen, schützt insgesamt die Stadt vor dem motorisierten Individualverkehr, reduziert die CO2-Emissionen und verbessert die Luftqualität. Dann müssen wir neben den tollen Fahrradstellplätzen für PendlerInnen aber auch noch eine kostenlose Fahrradmitnahme in Bus und Bahn erreichen, um diese Art der Mobilität noch attraktiver zu machen“, stellt Beckmann abschließend fest.