Kulturelles Erbe und Wirtschaftskraft in Friesland halten
Von sich selber sagen sie, geborener Rheinländer mit friesischem Vater und Ostfriesin, aber auch Friesen im Herzen zu sein. Deshalb ihre Wahlheimat Friesland, deshalb Zetel. Als vor gut 2 Jahren die letzte norddeutsche Weberei geschlossen wurde, zögerte Ehepaar Gerdes nicht lange. Als jeweils Höchstbietende ersteigerten sie Webstühle und alte Maschinen, die es so heute nicht mehr zu kaufen gibt. Im 18. Jahrhundert gab es in Zetel 500 Webstühle und noch in den 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts standen in Zetel 300 Webmaschinen. „Ich bin tief beeindruckt, dass die beiden ihre eigenen privaten sechsstelligen Mittel in diese Gründung gesteckt und so auch ein hohes Risiko auf sich genommen haben. Erschwerend kam ja noch dazu, dass sie keine Fördergelder der NBank erhalten haben, weil sie nichts Neues und Innovatives gegründet hätten. Das muss sich unbedingt ändern! Wir müssen nachhaltige Startups, die sich Gedanken um Kreislaufwirtschaft, um faire Arbeitsplätze und um die Wertschöpfung in der Region machen, natürlich auch finanziell unterstützen, denn das ist mindestens genauso viel Wert wie neue technische Innovationen.“ meint Sina Beckmann. Hervorzuheben ist aber, dass der Landkreis Friesland im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Mittel das Vorhaben aus dem Förderprogramm ProFil mit 25.000 EUR unterstützt hat. Insgesamt sei die Hilfsbereitschaft regionaler Behörden und Fachfirmen groß.
Nach einem Rundgang durch Werkstatt und die verschiedenen Produktionsbereiche der Manufaktur in Zetel blieb noch Zeit für die Begutachtung der fertigen Produkte. Momentan werden im ersten Step hochwertige Wolldecken aus deutscher Schurwolle und australischer, argentinischer und mongolischer Merinowolle in Handarbeit produziert. Dabei hat das Gründerpaar Gerdes, die das Unternehmen gemeinsam leiten und die Geschäftsanteile mit den Wollhändlern aus Unterstedt 50/50 teilen, neben regionalen Fachkräften auch Unterstützung von einem Weber aus Damaskus, einem Schneider aus Alleppo und einer Näherin aus Kabul, die alle gerne in dem Startup arbeiten und ihre Fachkenntnisse mit einbringen können. „Wir sind stolz, dass wir hier gegen den Trend etwas aufbauen konnten, was uns alle derzeit ernähren kann. Wir wollen das Thema Wolle verjüngen und wieder in den Alltag holen. Unsere Produktionskapazität liegt bei 20.000 bis 30.000 Wolldecken im Jahr, die wir per Direktvertrieb an unsere KundInnen verkaufen, ebenso wie über ausgewählte stationäre Einzelhändler, als auch über unseren Onlineshop und verschiedene Ausstellungen. Als nächsten Step wollen wir auch in den Bereich Fashion und innovative Produkte aus Wolle, zum Beispiel Dämmstoffe oder Verpackungen gehen.“ schwärmt Gerdes. Auch Sina Beckmann ist begeistert: „So viel Innovationswille ist schon bemerkenswert und muss, auch regional, gefördert werden. Wolle ist ein hervorragendes Produkt, ein nachwachsender Rohstoff, der so viele tolle Eigenschaften hat - antibakteriell, isolierend, leicht, schwer entflammbar, wärmend und regional verfügbar. Wie zum Beispiel unsere Deichschafe, deren Wolle jetzt auch hier bei Coastland eingesetzt wird. Das ist eine großartige regionale Wertschöpfung und ich könnte mir gut vorstellen, dass das Ehepaar Gerdes noch weitere gute Ideen in peto hat.“ ist sich Sina Beckmann sicher.